Wer sich schon immer gefragt hat, wie es in der Glockenstube der Propsteikirche aussieht, der hat nun die Gelegenheit, sich diese gleich in zwei Videos auf YouTube anzuschauen. Unser Niedermarsberger Ministrant Leonard Oberwinter und sein Kollege Aaron Schöneich aus Diepholz, haben die Videos aufgenommen. Dazu war auch der Glockensachverständige des Erzbistums Paderborn Herr Theo Halekotte aus Werl angereist.
Allen Beteiligten gelten ein großes Kompliment und Dankeschön für das gelungene Werk!
Viel Spaß beim Anschauen!
Beschreibung des Geläutes der Propsteikirche St. Magnus Niedermarsberg
Im Kirchturm der Propsteikirche hängt ein 5-stimmiges Hauptgeläut. Zudem gibt es eine Dachreiterglocke, die sogenannte "Kleppglocke". Die Schlagtöne waren ursprünglich einen Halbton höher geplant, weswegen die Glocken verhältnismäßig dünnwandig sind.
Glocke 1 (Hl. Maria):
Schlagton: b°+3 Gießerei: Junker Gussjahr: 1947 Material: Siliziumbronze Durchmesser: 165,3 cm Gewicht: ca. 2550 kg.
Sie ist die Festtagsglocke und läutet nur an Festtagen und besonderen Anlässen. Ihren Platz hat sie in der Etage unter den anderen Glocken gefunden. Aufgrund des mangelnden Platzes schwingt sie in die Schallfenster hinein, was eine beeindruckende Kulisse darstellt. Wie beriets beim Vorgängergeläut aus der Vorkriegszeit hängt die größte Glocke in der unteren Etage. Aufgrund der Höhe wirkt sich das leider auch auf den Klang aus: Die große Marienglocke ist beim Vollgeläut vom Kirchplatz oder hinter der Kirche aus betrachtet, etwas schwerer zu hören.
Inschrift:
Glocke vorn:
MARIA. // VOS CAMPANAE CARISSIMAE SORORIBUS SUCCEDITE, / QUAE BELLIS
CRUDELISSIMIS BIS NOBIS SUNT EREMPTAE. // CANTATE IN DULCI JUBILO UNI
TRINOQUE DEO, // QUI NOSTRAM DOMUM DOMINI CLEMENTER SIC SERVAVIT.
Hl, Maria. // Ihr liebsten Glocken, rückt an die Stelle eurer Schwestern, // die uns zweimal in sehr grausamen Kriegen entrissen worden sind. // Singt in süßem Jubel dem einen und dreieinigen Gott, // der unser Haus des Herrn so gütig unversehrt erhalten hat.
Glocke hinten:
MATER BENIGNA RESPICE // FLETUS PRECESQUE SUPPLICUM // ET DIMICANTES
TARTARI / VICTRIX, TUERE AB HOSTIBUS.
Gütige Mutter schau auf // die Tränen und (erhöre) die Bitten der demütig Flehenden // und auf die
gegen die Unterwelt Kämpfenden // Siegerin, schütze (uns) vor den Feinden.
Glocke 2 (Hl. Joseph):
Schlagton: c'+3 Gießerei: Junker Gussjahr: 1947 Material: Siliziumbronze Durchmesser: 147,1 cm Gewicht: ca. 1780 kg.
Sie ist die Totenglocke. Der hl. Joseph gilt ja als der Schutzpatron der Sterbenden. Die zweitgrößte Glocke übernimmt auch den Stundenschlag, sowie den Angelusschlag in drei Schlagfolgen von jeweils drei Schlägen. Im Anschluss daran läutet dann die Angelusglocke.
Inschrift:
JOSEPH. // ADJUVANS NOS PROTEGE // ST. JOSEPH AMATISSIME / UT NOBIS CAEL
ATRIUM // SIT VITAE NOSTRI PRAEMIUM
Hl. Josef, // hilf und schütze uns // liebster hl. Josef // auf dass uns die Wohnung des Himmels // der
Lohn unseres Lebens sei.
Glocke 3 (Kirchenpatron Hl. Magnus):
Schlagton: es'+8 Gießerei: Junker Gussjahr: 1947 Material: Siliziumbronze Durchmesser: 123,6 cm Gewicht: ca. 1100 kg.
Inschrift:
ST, MAGNUS. // ST. MAGNUS ECCLESIAE NOSTRAE PATRONUS // IN VITAE VIA SALVA
NOS // NE FULGOR NEVE INCENDIUM // NOS TANGAT NEU DILUVIUM // CIVES FAC
FIDEM TENEANT AC MORIBUS EXERCEANT.
Hl. Magnus. // Hl. Magnus, Patron unserer Kirche // Rette uns auf (unserem) Lebensweg // dass uns
weder Blitz, noch Feuersbrunst, // noch Überschwemmung schaden // lass die Bürger den Glauben
bewahren und sich in den Sitten üben.
Glocke 4 (Hl. Sturmius, „Apostel des Diemeltals“):
Schlagton: f'+3 Gießerei: Junker Gussjahr: 1947 Material: Siliziumbronze Durchmesser: 108,6 cm Gewicht: ca. 740 kg.
Sie schlägt den Viertelstundenschlag.
Inschrift:
STURMIUS. // DIMULAE IN RIPIS CRUCEM COLOCASTI // SEMEN SALUTIS
PROCERIS PORTASTI // CUJUS LABORIS MEMORES NOS FORE // NUNC ET IN
PERPETUUM TIBI POLICEMUR!
Hl. Sturmius. // Du hast an den Ufern der Diemel das Kreuz aufgerichtet // den Samen
des Heils den Hohen gebracht // wir versprechen dir jetzt und für immer // dessen Mühe zu
gedenken.
Glocke 5 (Hl. Liborius, Patron der Erzdiözese Paderborn):
Schlagton: g'+5 Gießerei: Junker Gussjahr: 1947 Material: Siliziumbronze Durchmesser: 97,8 cm Gewicht: ca. 530 kg.
Sie läutet dreimal am Tag (7.00 Uhr, 12.00 Uhr, 18.00 Uhr) den „Engel des Herrn“, den „Angelus“. +-
Inschrift:
LIBORIUS. // LIBORI, PASTOR OPTIME // VIR DEI PRAECLARISSIME / GREGIS
FORMA, NOSTRUM PRAESIDIUM, // TUERE ATISTITEM ET DEI POPULUM.
Hl. Liborius. // Liborius, bester Hirte // ausgezeichnetster Mann Gottes // Vorbild der Herde, unser
Schutz, // schütze den Bischof und das Volk Gottes.
Glocke 6 „Kleppglocke“ (Maria), Dachreiter:
Schlagton: es''+12 Gießer: Johann Ernst Dubois Gussjahr: 1855 Material: Zinnbronze.
Die Glockenweihe nahm der aus unserer Gemeinde stammende Weihbischof Augustinus Baumann am 29.06.1947 vor.
Die Glocke war von 1974 bis 2003 an das St. Marien-Hospital ausgeliehen.
Vor 1974 diente sie als Chorglocke an St. Magnus und nach 2003 wieder.
Der Tradition nach erklingt sie im Anschluss an das Hauptgeläut, wenige Minuten vor dem Beginn des Gottesdienstes. Das ist quasi der letzte Aufruf, um sich auf den Weg in die Kirche zu begeben. Das sogenannte Kleppen ist eigentlich ein einseitiges Anschlagen einer Glocke, um in diesem Fall den Beginn eines Gottesdienstes zu kennzeichnen.
Noch eine Besonderheit: Über der Glockenstube ist eine automatische Osterrappel angebracht, die vom Turm und der Sakristei aus per Knopf gesteuert werden kann. Diese wird betätigt, wenn traditionell die Glocken und auch die Schellen der Messdiener in der Karwoche schweigen im Gedenken an das Leiden und Sterben Jesu. Das meint nach dem Gloria in der Messfeier vom Letzten Abendmahl am Gründonnerstag bis zum Gloria in der Osternacht. Dem Volksglauben nach fliegen die Glocken nach Rom, um sich dort den Ostersegen des Papstes zu holen.
(Quelle: Theo Halekotte, Leonard Oberwinter, Aaron Schöneich)